Autor: ks. Mieczysław Piotrowski TChr,
"Liebt einander!" 2/2009 → Katholische Kirche
„Mein Sohn, dieser Ort ist dazu bestimmt, mir Ehre zu erweisen.
Durch dich soll hier zu meinem Gedächtnis eine Kirche entstehen. Sorge
dich um die Säule, auf der ich bin, denn mein Sohn und dein Meister hat
den Engeln befohlen, sie vom Himmel herab zu tragen.“
Das Heiligtum der Muttergottes in Saragossa gehört zweifellos zu den
kostbarsten und berühmtesten Orten der Marienverehrung. Es ist ein imposanter
Bau mit vier Türmen, den höchsten in ganz Spanien, mit einer zentralen
Kuppel, die von zehn kleineren Kuppeln umgeben ist. Eine dieser Kuppeln
schmücken Fresken des berühmten Malers Francisco de Goya. Die Allerheiligste
Jungfrau del Pilar ist die Patronin Spaniens sowie aller Länder, die dem
spanischen Einflussbereich angehören.
Die Geschichte dieses Heiligtums, die in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts
nach Christus ihren Anfang nahm, berichtet davon, dass der Apostel Jakobus
nach der Auferstehung Christi die Gebiete des heutigen Spaniens aufsuchte.
Seine Mission stieß jedoch bei den Einwohnern der Iberischen Halbinsel
auf heftigen Widerstand.
Am 2. Januar im Jahre 40. n. Chr., die Nacht war bereits hereingebrochen,
konnte Jakobus nicht mehr als 8 Schüler um sich versammeln. Sie trafen
sich außerhalb der Mauern von Saragossa, das damals noch zu Rom gehörte,
auf dem rechten Ufer des Flusses Ebro, an einer Stelle, wo man Stroh und
Abfall hinauswarf. Jakobus, entmutigt durch das vollkommene Fiasko seiner
Missionsreise, plante eine sofortige Rückkehr nach Palästina. Gerade in
diesem Augenblick – so sagt es die Tradition – erschien in dieser frostigen
Januarnacht ein seltsames Licht am Himmel und Engel, die eine Säule (pilar)
mit der Muttergottes trugen. Die Engel stellten die Säule auf die Erde
und Maria sagte zu Jakobus: „Mein Sohn, dieser Ort ist dazu bestimmt,
Mir Ehre zu erweisen. Durch dich dir soll hier zu meinem Gedächtnis eine
Kirche entstehen. Sorge dich um die Säule, auf der ich bin, denn mein
Sohn und dein Meister hat den Engeln befohlen, sie vom Himmel herab zu
tragen. Neben dieser Säule baust du einen Altar. An diesem Ort wird auf
mein Gebet und meine Fürsprache hin die Macht des Allerhöchsten außergewöhnliche
Zeichen und Wunder vollbringen, besonders für diejenigen, die Mich in
ihren Nöten anrufen werden. Diese Säule wird hier bis zum Ende der Welt
stehen bleiben.“ An der Stelle, wo die Säule stand, baute der heilige
Jakobus eine kleine Kapelle, die Santa Capella (Heilige Kapelle) genannt
wird (Derzeit befindet sie sich im Inneren des Heiligtums). Der Apostel
Jakobus starb einige Jahre später in Jerusalem den Märtyrertod, aber seine
Überreste kehrten nach Spanien zurück und befinden sich heute in Santiago
de Compostela. Christliche Ritter, die um die Unabhängigkeit Spaniens
gegen die muslimischen Heere kämpften, berichteten oft davon, dass der
hl. Jakobus ihnen auf einem weißen Pferd erschien, um sie zum Angriff
gegen die Muslime zu führen. Erst im Jahre 1170, nach 450 Jahre lang dauernden
Kämpfen, gelang es den Spaniern, sich aus der muslimischen Herrschaft
zu befreien. Seit da wird jedes Jahr am 12. Oktober feierlich im Heiligtum
von Pilar das Kirchweihfest begangen. Es war auch an einem 12. Oktober,
als Christopher Columbus erstmalig die Ufer eines neuen Kontinents entdeckte.
Die Einmaligkeit des Heiligtums von Pilar beruht nicht etwa auf Erscheinungen
der Allerheiligsten Jungfrau, sondern darauf, dass die Muttergottes auf
geheimnisvolle Art und Weise „in ihrem sterblichen Körper“ nach Saragossa
kam, während sie noch auf Erden weilte und in Jerusalem wohnte. Im Heiligtum
befindet sich in der Heiligen Kapelle die Säule (pilar), die ein Zeichen
für das Kommen der Muttergottes an jenem kalten 2. Januar im Jahre 40
n. Chr. ist. Die Tradition spricht davon, dass Engel diese Säule brachten
und sie an diese Stelle setzten. Die Säule ist aus Jaspis, ohne irgendwelchen
Schmuck, lediglich mit Silber bedeckt. Sie ist 177 cm hoch und hat einen
Durchschnitt von 24 cm. Darauf befindet sich eine 38 cm hohe Figur der
Muttergottes mit dem Jesuskind. Die Figur ist aus schwarzem Holz gefertigt
und stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die Säule symbolisiert die Beständigkeit
des Glaubens und weist auf das Heiligtum als einen Ort der göttlichen
Barmherzigkeit hin.
Man muss bedenken, dass das Wunder der Wiedererlangung des amputierten
Beines durch Miguel Juan Pellicer sich im Jahre 1640 ereignete – also
genau 16 Jahrhunderte später, nachdem die Muttergottes zu Jakobus und
seinen 8 Schülern gekommen war. Und noch vielmehr: Es war ebenfalls in
der Nacht und um dieselbe Stunde.