Autor: Małgorzata Radomska,
"Liebt einander!" 1/2009 → Die göttliche Barmherzigkeit
Das irdische Leben, welches nicht wiederholbar ist, hat eine
ungeheure Bedeutung, einen tiefen Sinn - es ist die Zeit der Vorbereitung
auf das Treffen mit Jesus von Angesicht zu Angesicht, wenn Er kommt, um
uns über die Schwelle des Todes in das neue, nie endende ewige Leben zu
führen.
Es ist sicher, dass Jesus kommt. Es ist auch sicher, dass Er für uns
einen Platz an Seiner Seite im Himmelreich vorbereitet hat, denn Er versprach
einst: “Im Hause meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht
so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch
vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet
habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort
seid, wo ich bin” (Johannes 14, 2-3). Das Einzige, was unsicher ist, ist
meine Antwort darauf; es ist unsicher, ob ich diese Verheißung annehme
…
Gott in Seiner großen Liebe lässt den Menschen frei entscheiden: ”(…)
Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben,
damit du lebst, du und deine Nachkommen” (Deuteronomium 30, 19). Man kann
wählen, was man möchte: den Weg Jesu oder den eigenen Weg, den die Welt
uns vorschlägt. Man muss nur die Konsequenzen seiner Wahl bedenken. Man
kann nur das Ziel erreichen, zu dem der gewählte Weg auch führt. Wenn
man den Weg zu Ihm wählt, dann führt dieser Weg auch zu Ihm, wählt man
einen anderen Weg, dann trifft man Ihn nicht.
Man kann gut oder schlecht wählen. In Seiner großen und unendlichen Barmherzigkeit
lässt Gott uns bei unserer Wanderung oft umkehren, alles neu beginnen.
Er heilt die Wunden, die wir uns zugezogen haben. Und wo das Böse herrscht,
da lässt Er seine Gnade walten. Er gibt uns immer eine Chance - solange
wir uns noch auf der Erde befinden. Sobald die Schwelle des Todes überschritten
ist, gibt es keine Umkehr mehr …
Im Augenblick des Todes …
Über das, was mit der menschlichen Seele im Augenblick des Todes und
danach geschieht, erfahren wir von vielen Mystikern, die Visionen über
das Leben nach dem Tod hatten. So beschreibt die hl. Schwester Faustine
die Erfahrung des Todes: “Der Tod ist furchtbar, obwohl er uns das ewige
Leben gibt. Plötzlich wurde mir übel, ich bekam keine Luft, es wurde mir
schwarz vor Augen, ich fühlte, dass meine Glieder absterben. - Das Erstickungsgefühl
ist furchtbar. Ein Augenblick dieses Gefühls dauert unwahrscheinlich lange
… Hinzu kommt eine sonderbare Angst, trotz des Vertrauens. Ich hatte Verlangen
nach den letzten heiligen Sakramenten. Die heilige Beichte, obwohl herbeigesehnt,
fällt einem sehr schwer. Man weiß nicht, was man sagt, eines fängt man
an, anderes führt man nicht zu Ende. - Möge Gott jede Seele vor solchem
Hinauszögern der Beichte bis zur letzten Stunde bewahren” (Tagebuch der
Schwester Faustine, 321). Jesus erklärt dieses Erlebnis folgendermaßen:
“Meine Tochter (…), wisse, was du jetzt erlebt hast, das bist du aus dir
selbst. Erst durch Meine Gnade bist du Teilhaberin am ewigen Leben und
an allen Gütern, die Ich dir reichlich schenke”(Tagebuch, 1559).
Wenn wir im Zustand der heilig machenden Gnade sterben, dann werden die
Leiden, die wir im Augenblick des Todes erfahren, zum Ausdruck der Teilnahme
am Kreuzestod Jesu. Durch das physische Sterben, das “Sterben mit Christus”,
werden wir mit Jesus in seinem Erlösungswerk vereint. “Reine Liebe verleiht
der Seele Kraft im Sterben. Im Sterben am Kreuz dachte ich nicht an Mich,
sondern an die armen Sünder und betete für sie zum Vater. Ich will, dass
deine letzten Augenblicke Meinen am Kreuz ähnlich werden. Es gibt nur
einen Preis, für den man Seelen erkauft - das sind Leiden, die mit Meinen
Leiden am Kreuz verbunden sind. Reine Liebe versteht diese Worte, leibliche
Liebe wird sie nie begreifen” (Tagebuch, 324).
Die Mystiker beschreiben, dass im Augenblick des Todes ein geistiger
Kampf entbrennt. Der selige Pater Papczynski schreibt: “In solch einem
Augenblick greifen die bösen Geister die Seele an und möchten sie entweder
durch die Erinnerung an ihre guten Werke zum Hochmut bringen oder sie
durch die Übertreibung ihrer Sünden in Verzweiflung stürzen.” In diesem
Augenblick, wenn sich der Mensch in keiner Weise selber zu helfen vermag,
erfährt er die Hilfe der Muttergottes, die die Mutter der Sterbenden ist,
die Hilfe des heiligen Josef, der heiligen Namenspatrone sowie der Schutzengel.
Deshalb ist unser tägliches Gebet zu ihnen so wichtig, verbunden mit der
Bitte um Beistand in der Stunde unseres Todes. Das Gebet dieser Heiligen
hilft uns, sie stärken unseren Glauben und unser Vertrauen auf die unendliche
Barmherzigkeit Gottes, die die einzige Hoffnung des Menschen ist. Die
heilige Faustine schreibt weiter: “Die Natur stemmt sich dagegen, es fällt
ihr schwer, die eigene Verwesung in sich zu tragen. Erfüllt vom Licht
Gottes, greift die Seele nicht zur Wehr, denn Glaube, Hoffnung, Reue,
Liebe - sind ihre Fragen” (Tagebuch, 1535); “(…) Oh Jesus, wie groß ist
Deine Güte; Deine unendliche Güte, die ich so gut kenne, lässt mich selbst
dem Tod tapfer in die Augen schauen. Ich weiß, dass mir nichts ohne Deine
Zustimmung zustößt.”
In seinen Worten an die heilige Faustine ermuntert uns Jesus zum vollkommenen
Vertrauen: “Alle Seelen, die meine Barmherzigkeit rühmen, ihre Ehre ausbreiten
und andere Seelen ermuntern, Meiner Barmherzigkeit zu vertrauen, erfahren
in ihrer Todesstunde kein Entsetzen. Meine Barmherzigkeit wird sie in
diesem letzten Kampf beschirmen …” (Tagebuch, 1552); “In der Stunde des
Todes verlasse dich ganz auf Mich und Ich werde dich Meinem Vater als
Meine Braut vorstellen. Jetzt empfehle ich dir, deine Verdienste, wenn
auch die geringsten, mit Meinen Verdiensten zu vereinen. Dann wird Mein
Vater liebevoll auf sie schauen, wie auf Meine eigenen” (Tagebuch, 1543);
“Wie du im Leben mit Mir vereint bist, so wirst du es auch im Augenblick
des Todes sein” (Tagebuch, 1552).
Das größte Geschenk, das wir unseren sterbenden Angehörigen machen können,
ist unser Gebet, unsere Anwesenheit. Lassen wir sie nicht allein. Es soll
keiner einsam und verlassen im Krankenhaus sterben … Seien wir in diesen
für sie so schweren Augenblicken bei ihnen, helfen wir ihnen, sich auf
das Treffen mit Jesus vorzubereiten. Sorgen wir für geistlichen Beistand,
insbesondere für die Möglichkeit der Beichte. Beten wir für sie, damit
sie ihre Sünden bereuen mögen und sich der Nähe Gottes bewusst werden,
sich nach Gott sehnen. Es soll niemals jemand wegen unserer Nachlässigkeit
ohne Jesus und ohne die Heilige Kommunion sterben!
Schwester Faustine beschreibt, wie wichtig unser Gebet an die Barmherzigkeit
Gottes für die Sterbenden ist: ”Als ich kurz die Kapelle betrat, sagte
mir der Herr: ‘Meine Tochter, hilf mir, einen bestimmten sterbenden Sünder
zu retten; bete für ihn das Rosenkranzgebet zur Barmherzigkeit, das Ich
dich gelehrt habe.’ - Als ich mit dem Gebet begann, sah ich den Sterbenden
in furchtbaren Qualen und Kämpfen. Der Schutzengel verteidigte ihn, doch
war er irgendwie machtlos angesichts des riesigen Elends dieser Seele.
Eine ganze Menge Teufel wartete auf die Seele, doch während ich betete,
erblickte ich Jesus in der Gestalt, wie er auf dem Bild dargestellt ist.
Die Strahlen, die aus Jesu Herzen kamen, umfingen den Kranken und die
Mächte der Finsternis ergriffen panikartig die Flucht. Der Kranke tat
still seinen letzten Atemzug” (Tagebuch, 1565). Jesus verspricht: “(…)
wenn dieses Rosenkranzgebet zur Barmherzigkeit bei Sterbenden gebetet
wird, werde Ich zwischen Meinem Vater und dem Sterbenden nicht als gerechter
Richter stehen, sondern als Barmherziger Erlöser” (Tagebuch, 1541).
Die Macht unseres Gebetes
Sofort nach dem Tod kommt der Mensch nach einem persönlichen Gericht
in seiner unsterblichen Seele, entsprechend seinem Glauben und seinen
Taten, entweder in die Glückseligkeit des Himmels (sofort oder nach einer
Reinigung im Fegefeuer) oder in die ewige Verdammnis. Die Leiden der Seelen
im Fegfeuer können durch entsprechende Gebete in ihrer Meinung abgemildert
oder verkürzt werden.
Die heilige Faustine schildert folgendes Ereignis: ”Einmal in der Nacht
kam eine unserer Schwestern, die vor zwei Monaten verstorben war, zu mir.
(…) Ich sah sie in einem furchtbaren Zustand - ganz in Flammen, mit schmerzverzerrtem
Gesicht. Das dauerte nur kurz, dann verschwand sie. (…) Aber ich hörte
nicht auf, zu beten. Nach einiger Zeit kam sie wieder in der Nacht zu
mir, aber schon in einem anderen Zustand. (…) ihr Gesicht strahlte, die
Augen glänzten vor Freude, und sie sagte zu mir, ich hätte wahre Nächstenliebe;
viele andere Seelen hätten von meinen Gebeten Nutzen gehabt, und sie ermunterte
mich, mit dem Gebet für die im Fegfeuer leidenden Seelen nicht aufzuhören
(…)” (Tagebuch, 58).
Eine große Hilfe für die Seele eines Verstorbenen sind all diejenigen
Menschen, die am Begräbnis teilnehmen. Jedoch können die mit der Heiligen
Messe und dem Begräbnis verbundenen Gnaden von den Teilnehmenden angenommen
werden oder aber verloren gehen, wenn beispielsweise der Schmerz über
den Verlust der geliebten Person die Hoffnung auf die Auferstehung überdeckt.
Gerade dann fällt es leicht, sich auf den eigenen Schmerz zu konzentrieren,
statt an die Seele des Verstorbenen zu denken, der nur noch das Gebet
helfen kann. Die Gnaden können auch dann verloren gehen, wenn man nicht
richtig am Begräbnis teilnimmt - also dann, wenn man nicht im Zustand
der heilig machenden Gnade ist, die Kommunion nicht in der Meinung des
Verstorbenen empfängt, bewusst nicht das Gebet, und die Stille für ihn
aufopfert. Die Gnaden gehen auch verloren, wenn man es zulässt, dass Äußerlichkeiten
wie Kleidung, Blumen, oder der Verlauf der Feierlichkeiten wichtiger werden
als das andächtige Gebet, und das Begräbnis im Endeffekt nur zu einer
Art gesellschaftlichen Zusammenkommens wird.
Einen unschätzbaren Wert besitzt die Heilige Messfeier, die in der Intention
des Verstorbenen gefeiert wird und an der alle gebührend teilnehmen. Die
Kirche empfiehlt auch, Almosen, Ablässe und Sühnewerke für die Verstorbenen
aufzuopfern. Wir können für sie auch unsere Leiden, unsere Arbeiten, unsere
Mühen und selbst die allerkleinsten Werke, die wir im Gedenken an sie
in Liebe ausführen, aufopfern. Nutzen wir also jede Gelegenheit. “Eilen
wir ihnen zu Hilfe und gedenken wir ihrer. Wenn die Söhne Hiobs durch
das Opfer ihres Vaters gereinigt wurden, warum sollten wir dann daran
zweifeln, ob unsere Opfer für die Verstorbenen diesen Erleichterung verschaffen?
Zögern wir nicht, denen zu helfen, die heimgegangen sind, und opfern wir
für sie unsere Gebete auf.” (Hl. Johannes Chrysostomus)