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Aus Ũbersetzungsfehlern lernen



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Claude Piron        Als ehemaliger Ũbersetzer und Lektor von Ũbersetzungen finde ich es schwer vorstellbar, dass jemals ein automatisches System in der Lage sein wird, einen menschlichen Ũbersetzer ersetzen zu kõnnen. Vielleicht weiſz oder verstehe ich ja nur zu wenig von Computern. Aber wie imkompetent ich auf diesem Gebiet auch bin, hoffe ich dennoch, dass die Beispiele aus der Ũbersetzungspraxis, die ich hier zum Besten geben mõchte, eine interessante Einsicht in einige der am meisten frustrierenden Probleme geben kõnnen, die sich bei der Ũbertragung von Ideen von einer Sprache in die andere ergeben.

       Bei der Teilnahme an der Auswahl von Bewerbern auf Ũbersetzerposten wurde ich oft ũberrascht, wie hoch die Anzahl der Kandidaten war, die ũber perfekte Kenntnisse sowohl der Quell- als auch der Zielsprache verfũgten und auch eine erstaunliche Beherrschung des jeweiligen Fachs mitbrachten, und trotzdem nur lausige Ũbersetzer abgaben. Warum? - Weil eine der menschlichen Eigenschaften mangelnde Bescheidenheit ist. Die Persõnlichkeit und die Intelligenz eines Ũbersetzers beiſzen sich mit der scheinbar einfachen Aufgabe zu ũbersetzen. Statt seine eigenen Ideen, Vorstellungen und seinen eigenen Stil bei Seite zu legen und blind denen des Autors zu folgen, fãngt der Ũbersetzer an, zu verbessern, hinzuzufũgen und zu verformen. Dieses Problem, kõnnte ich mir vorstellen, wird bei der maschinellen Ũbersetzung nicht auftreten, und trotzdem habe ich, auch ein bisschen Asimov-Fan, gewisse Zweifel: Wenn die maschinelle Ũbersetzung wirklich funktioniert, dann kãme sie der Fãhgkeit der Asimovschen Roboter recht nahe.

       Wie dem auch sei, neben der Bescheidenheit muss ein Ũbersetzer noch zwei andere Qualitãten besitzen, die Maschinen trotz aller technischer Raffinesse wohl nur schwerlich beizubringen sind: Urteilskraft und Flexibilitãt.

Urteilskraft

       Mit der Urteilskraft meine ich die Fãhigkeit, ein Problem durch hohe Fachkenntnis zu lõsen, durch das Bemerken, das ũberhaupt ein Problem exisitiert, und durch die Berũcksichtigung der verschiedenen Ebenen des Kontexts.

       Nehmen wir zum Beispiel den Ausdruck to table a bill. Der Ũbersetzer muss hier wissen, dass, wenn das Original in britischem Englisch verfaszt ist, es "einen Gesetzesvorschlag verabschieden; das heiſzt, einen Text, der einmal ein Gesetz im Gesetzeskõrper eines Landes werden soll" bedeutet, auf Franzõsisch déposer un projet de loi [auf Esperanto submeti legprojekton]. Doch wenn der Autor es im Sinne des amerikanischen Englisch verwendet, meint er "zurũckstellen", das heiſzt "die Diskussion des Textes auf unbestimmte Zeit aufschieben", auf Franzøsisch ajourner sine die l'examen du projet du loi [auf Esperanto arkivigi la legprojekton].

       Noch ein Beispiel. Das franzõsische Wort heure kann sowohl "Stunde" als auch "Uhr" (in Uhrzeiten) bedeuten. Um den franzõsischen Ausdruck une messe de neuf heures richtig ũbersetzen zu kõnnen, muss man wissen, dass eine katholische Messe, die neun Stunden lang dauert, extrem unwahrscheinlich ist, so dass die Ũbersetzung "Neun-Uhr-Messe" und nicht "Neun-Stunden-Messe" ist. Da die linguïstische Struktur genau die gleiche ist wie in une voyage de neuf heures, "eine Neun-Stunden-Reise", kann nur der Ũbersetzer sich richtig entscheiden, der die durchschnittliche Dauer einer Messe kennt.

       Wãhrend der Ausbildung zum professionellen Ũbersetzer besteht die Hauptanforderung innerhalb der ersten drei oder vier Jahre daraus, dass man Probleme, von denen man sich bisher nicht bewusst war, dass es sie ũberhaupt gibt, ũberhaupt bemerkt. In Fãllen, in denen man in eine andere Organisation wechselt, beginnt dieser Prozess von Neuem, da das neue Aufgabengebiet auch wieder ganz andere Probleme beinhaltet, die einem von Auſzen verborgen bleiben. Einige der Leser werden vielleicht wissen, dass es in der Geschichte der internationalen Kommunikation einst eine Organisation mit Namen International Auxiliary Language Association gab. Nun, wenn man Leute danach fragt, wie sie diesen Namen verstehen, stellt man fest, dass er den Einen so etwas bedeutet wie "ein internationaler Verband, der sich mit Hilfssprachen beschãftigt" und Anderen so etwas wie "ein Verband, der sich mit einer internationalen Hilfssprache befasst". Das Interessante hieran ist aber weniger die Zweideutigkeit des Namens als vielmehr, dass hier ein Problem besteht, dessen man sich fũr gewõhnlich nicht bewusst ist. Stõſzt man auf den Namen dieser Organisation, versteht man ihn in einer bestimmten Weise und ist sich ũberhaupt nicht bewusst, dass genau dieselben Worte noch etwas anderes ausdrũcken kõnnten als das, was der Autor eigentlich ausdrũcken wollte.

       In ãhnlicher Weise haben Jungũbersetzer einen Hang zu dem Irrtum, dass die Worte English teacher nicht einen Lehrer, der zufãllig Brite ist, bezeichnen, sondern eine Person, die Englisch lehrt und genausogut Japaner oder Brasilianer sein oder aus jedem der englischsprachigen Lãnder stammen kann.

       Das englische Wort repression hat im Deutschen hauptsãtzlich zwei Ũbersetzungsmõglichkeiten. In der Politik ist die deutsche Entsprechung "Unterdryckung", in der Psychologie "Verdrãngung". Man kõnnte auf den ersten Blick meinen, dass die Ũbersetzung dieses Wortes recht einfach sei" Handelt der ganze Text von Politik, benutzt man die eine, handelt er von Psychologie, eben die andere. Doch die Realitãt ist meist nicht ganz so einfach. Der Autor kõnnte es auch in seiner psychologischen Bedeutung im Kontext der Poltik gebrauchen, und zum Beispiel in einem Artikel ũber die Stalinãra auf einen Satz stoſzen, der mit Repression by the population of its spontaneous critical reactions led to ... beginnt. In diesem geht es um Psychologie, obschon der ganze Text politischen Inhalts ist. Der Kernkontext weicht vom Kontext des Gesamten ab.

       Erst kũrzlich revidierte ich einen Text, der bei mir die Frage aufwarf, wie wohl ein Computer mit den verschiedenen Bedeutungen des Wortes case in ihm verfahren wãre. Er behandelte Verpackungen. In einem Abschnitt yber Holzkisten hiesz es: Other reasons for water removal important in specific cases are: (1) to avoid gaps between boards in sheated cases; (2) to [...]. Durch seine Urteilskraft ist der menschliche Ũbersetzer befãhgt, das erste case korrekt als Synonym fyr "Fall" und das zweite als "Schrank oder groſze Kiste" zu erkennen, aber woher soll ein Computer so etwas wissen? Stellen Sie sich vor, ein anderer Text wũrde Folgendes enthalten: A case can be made for plastic boxes oder The importer complained about the poor quality of the cases. When the case was settled in court [...]. Den weiteren Kontext zu kennen ist keineswegs hilfreich bei der richtigen Ũbersetzung, solange es keine automatischen Methoden gibt festzustellen, dass ein Autor im nãheren Kontext von einer zur anderen Bedeutung eines Wortes wechselt.

Flexibilitãt

       Neben der Urteilskraft ist eine andere der von mir genannten Qualitãten, die einen annehmbaren Ũbersetzer ausmachen, die Flexibilitãt. Diese bezieht sich auf den "gymnastischen" Aspekt der Ũbersetzungsarbeit. Sich auf ein bestimmtes Fachgebiet und zwei Sprachen zu spezialisieren reciht nicht aus, man muss die Kunst beherrschen, andauernd vom einen ins andere und wieder zurũck zu springen. Sprachen sind mehr als geistige Strukturen. Es sind einzelne Universen. Jede Sprache hat eine eigene Atmosphãre, einen eigenen Stil, die sie von allen anderen unterscheidet. Vergleicht man englische Ausdrũcke wie software und soft shoulder, wie es auf Straſzenschildern vorkommt, mit ihren franzøsischen Entsprechungen, stellt man sehr schnell fest, wie unterschiedlich die innere Haltung gegenũber dem Ausgedrũckten ist. Die franzõsischen Ũbersetzungen lauten entsprechend logiciel und accotements non stabilisés. Die englischen Ausdrycke sind konkret, metaphorisch, kũnstlich, mit einem leichten humoristischen Anflug, in Worten der Alltagssprache, wenn dies auch nicht immer einer einfacheren Verstændigung dienlich ist: Zu wissen, was soft und was shoulder bedeutet, trãgt in keinster Weise beim Verstehen von soft shoulders bei. Im Franzõsischen sind dieselben Bezeichnungen aus abstrakten und beschreibenden Termen zusammengesetzt, die nicht dem Alltagsgebrauch entstammen. Man versteht auch sie nicht, aber aus einem ganz anderen Grund: Sie sind aus zu intellektuellen, zu speziellen und zu seltenen Morphemen zusammengesetzt, so dass die meisten Nichtfranzõsischsprachler die Worte in einem Wõrterbuch nachschlagen mũssen.

       Die Schwierigkeit liegt in der Tatsache, dass diese Unterschiede der Kommunikation nicht nur in einzelnen Ausdrũcken vorkommen (ein gutes Wõrterbuch schafft diese Probleme meist schnell aus der Welt), sondern auch bei ganzen Sãtzen. Nehmen wir den Satz Private education is in no way under the jurisdiction of the government [auf Esperanto: Privata edukacio estas neniamaniere sub la jurisdikcio de la registaro]. Er beinhaltet grõſzten Teils englische Worte franzõsischen Ursprungs, doch eine gemeinsame Ethymologie bedeutet noch lange keine gemeinsame Art und Weise, etwas Gemeintes in Sprache zu fassen. In diesem Falle wyrde eine gute franzõsische Ũbertragung in etwa lauten: L'enseignement libre ne relève en rien de l'Etat. Man wird die Wichtigkeit dieser Unterschiede erkennen, wenn ich diesen franzõsischen Satz dem Wortlaut nach ins Englische zuryckũbersetze. Das Ergebnis lautet dann: Free teaching does not depend in any way from the State, was etwas ganz anderes bedeutet, zumal einem Amerikaner [auf Esperanto Libera instruado nenie dependas de la ŝtato].

       Um richtig ũbersetzen zu kõnnen, muss man im Gespũr haben, wo und wann von einer Atmosphãre in die andere zu wechseln ist. Jeder Anfãnger in Ũbersetzungsarbeit scheitert fũr gewõhnlich hieran, und ich frage mich, wie eine Maschine diese Notwendigkeit jemals erkennen wird, es sei denn, dass ihr Gedãchtnisspeicher so groſz ist, dass er alle praktischen Probleme aller Ũbersetzer aller Jahrhunderte mit einer angebrachten Lõsung umfasst. Wenn zum Beispiel junge Ũbersetzer bei der Weltgesundheitsorganisation anfangen und auf den Ausdruck blood sugar concentration stoſzen, ũbersetzen ihn praktisch alle ins Franzøsische mit etwas ãhnlichem wie concentration de sucre dans le sang. Das bedeutet es wortwõrtlich, aber es entspricht nicht dem Ausruck im Franzõsischen, der diese drei englischen Worte in einem zusammenfasst: glycémie.

       Genauso reicht es nicht zu wissen, dass die Entsprechung von software im Franzõsischen logiciel heiszt in den Fællen, wo es eigentlich didacticiel heiſzen mysste, in den Fãllen nãmlich, wo es sich um eine Lehrhilfe handelt. Die franzõsische Sprache steckt ihre Bedeutungsfelder viel enger ab, und dies muss man bei Ũbersetzungen permanent berũcksichtigen.

       Das Problem mit Sprachen ist, dass man niemals weiſz, woher man weiſz, was man weiſz. (Entschuldigung, hier war ich wohl ein wenig zu selbstbezogen. Ich zumindest weiſz es nicht, aber mit Ihrer Erfahrung in computergestũtzter Sprachanalyse werden Sie es sicher wissen.) Wenn ich in einem wirtschaftlichen Text auf den Ausdruck the life expectancy of those capital goods treffen wũrde, wũsste ich - weil ich es fũhle - dass ich life expectancy mit "Nutzzeit" zu ũbersetzen hãtte. Ebenso wũsste ich, wenn im Text die consumer's life expectancy erwãhnt wãre, ich diese mit "Lebenserwartung" wiedergeben mũsste, wenn der Autor in einer Passage ein demografisches Konzept in seinen wirtschaftlichen Betrachtungen ausfũhrt. Doch woher weiſz ich das? Ich weiſz es nicht. Diese Fãhigkeit, die verschiedenen Betrachtungsweisen von Realitãt und Fantasie, die in den verschiedenen Sprachen verankert sind, gegeneinander abzuwiegen und die Fãhigkeit, zwischen ihnen hin- und herzuspringen, nenne ich Flexibilitãt. Diese Qualitãt ist die am schwersten auszumachende, wenn man zukũnftige Ũbersetzer auf ihre Fãhigkeiten hin ũberprũft.

       Nun kõnnen wir uns der Sache von einem ganz anderen Standpunkt betrachten, wenn wir uns die Frage stellen: Was sind die "eingebauten" Probleme einer Sprache, die Urteilskraft und Flexibilitãt bei der Ũbersetzung so wichtig machen? Sie beruhen auf der Grammatik und der Semantik sowohl der Quell- als auch der Zielsprache.

Grammatik

       Desto mehr prãzise und klar voneinander differenzierte Regeln die Grammatik einer Sprache bezũglich der Verhãltnisse von Worten innerhalb eines Satzes zueinander und bezũglich eines einzelnen Wortes und seiner Wortart beinhaltet, desto einfacher ist ihre Ũbersetzung. Die schlimmsten Quellsprachen fũr einen Ũbersetzer sind daher Englisch und Chinesisch. Ein chinesischer Satz wie tā shì qùnián shēngde xiăohái kann sowohl "er (oder sie) ist ein Kind, das letztes Jahr geboren wurde" als auch "letztes Jahr gebahr sie ein Kind" bedeuten.

       Auch im Englischen sind solche Zweideutigkeiten eher die Regel als die Ausnahme. In der Wendung International Labor Organization bezieht sich international auf organization, wie die deutsche Ũbersetzung "Internationale Arbeitsorganisation" zeigt. Doch bei einer anderen UNO-Organisation, der International Civil Aviation Organization, bezieht sich das Wort international auf aviation, und nicht auf organization wie erneut an Hand der deutschen Ũbersetzung gezeigt werden kann: "Organisation internationaler Zivilluftfahrt" (und nicht "Internationale Organisation ziviler Luftfahrt"). Dies ist juristisch und politisch ausschlaggebend, da es bedeutet, dass die Organisation sich nur mit Flũgen von einem Land in ein anderes befasst. Sie ist keine internationale Organisation, die in allen Problemen nichtmilitãrischer Luftfahrt angerufen werden kann. Obwohl der linguïstische Unterschied gering ist, hilft dem Ũbersetzer in diesem Fall keine Sprachanalyse weiter, er hat ũberhaupt keinen Anhalt zu entscheiden, was was ist, bevor er nicht die Geschãftsbedingungen der Organisation eingesehen hat. Das Problem wird zusãtzlich durch die Tatsache erschwert, dass die meisten englischen Texte, mit denen es ein Ũbersetzer zu tun bekomm, nicht von Englischmuttersprachlern verfasst wurden, die eher in der Lage wãren, solche Zweideutigkeiten zu vermeiden. Nehmen wir diesen Satz: He could not agree with the amendments to the draft resolution proposed by the delegation of India. Die Sitzungsũbersetzung lautet: "Er konnte die Bedingungen der von der indischen Delegation vorgeschlagene Sitzungsresolution nicht akzeptieren." Man kann sich nicht sicher sein, ob der englische Text korrekt ist, doch als ein Lektor solcher Ũbersetzungen mũsste ich die Sachlage ũberprũfen und kõnnte so herausfinden, dass der Ũbersetzer, der den Text so verstanden hatte, dass der von der indischen Delegation verabschiedete Text die Sitzungsresolution sei, im Irrtum war, denn eigentlich waren es die Bedingungen: "Er konnte die von der indischen Delegation vorgeschlagenen Bedingungen der Sitzungsresolution nicht akzeptieren." Im Deutschen hat man die Mõglichkeit, zwischen "vorgeschlagene", in Bezug auf die Sitzungsresolution und "vorgeschlagenen", in Bezug auf die Bedingungen, zu unterscheiden, im Franzõsischen zwischen proposé und proposés [auch wenn sie gleich ausgesprochen werden]; auf Esperanto zwischen proponita und proponitaj, im Englischen aber hat man keine andere Mõglichkeit als proposed.

       Ich frage mich, wie ein Computer solche Fãlle lõsen soll. Ich habe mir sagen lassen, dass er die mõglichen Zweideutigkeiten erfasst und den Verfasser fragt, was er gemeint hat. Ich wũnsche viel Glũck! Jeder Ũbersetzer weiſz, dass die Verfasser so gut wie nie zu erreichen sind. Die meiste Ũbersetzungsarbeit geschieht nachts, weil Berichte oder Dossiers, die am Nachmittag entstanden, in allen Arbeitssprachen schon am nãchsten Morgen auf den Schreibtischen der Konferenzteilnehmer liegen mũssen. Den Verfasser aufzuwecken und ihn zu fragen, wie er etwas gemeint hat, ist den Ũbersetzern ausdrũcklich untersagt.

       Oder aber der Verfasser ist viel zu weit weg, um ihn erreichen zu kõnnen. Als ich Lektor bei der Weltgesundheitsorganisation war, hatte ich es einmal mit dem wissenschaftlichen Bericht eines australischen Physikers zu tun. Darin wurde der Ausbruch einer Krankheit in einem japanese prisoner of war camp beschrieben. Damals gab es noch keine E-mail, und wir mussten den Verfasser anschreiben, ob die Krankheit von den Japanern gefangene Amerikaner oder von den Amerikanern gefangene Japaner befallen hatte. Als die Antwort eintraf stellte sich heraus, dass der Verfasser schon einige Jahre tot war.

       Viele Fehler werden von professionellen Ũbersetzern als Ergebnis der Tatsache begangen, dass es im Englischen unmõglich ist, ein Adjektiv einem bestimmten Nomen zuzuordnen, da es keine grammatische Regel hierfũr gibt. Als ein Ũbersetzer einmal basic oral health survey methods mit "Methoden der Grundsatzforschung der Mund-Zahn-Medizin" wiedergab, irrte er, indem er das Wort basic der survey zuordnete, obwohl es sich eigentlich auf methods bezog, doch wollen wir ihm dies nachsehen, da nur eine jahrelange Erfahrung mit der Sache selbst erkennen lãsst, was zu was gehõrt. Die korrekte Ũbersetzung wãre "Grundsãtzliche Methoden der mund-zahn-medizinischen Forschung".

       Meine Frau gibt amerikanischen Studenten, die fũr ein Jahr nach Genf kommen, Sprachunterricht. Eine Standardaufgabe, die sie ihnen stellt, beinhaltet einen Abschnitt namens short breathing exercises. Jedesmal versteht die Hãlfte der Klasse darunter "Ũbungen zum kurzen Atmen", obwohl es eigentlich "kurze Ũbungen zum tiefen Atmen" sind. Die Tatsache, dass sogar englische Muttersprachler so andauernd immer den selben Fehler begehen, obwohl der Kontext alle Mõglichkeiten bietet, die richtigen Schlũsse zu ziehen, verblũfft mich immer wieder. Hat ein Computer eine genauere Urteilskraft? Kann eine Maschine bewerten, vergleichen und Schlũsse ziehen?

       Die Tatsache, dass die Endungen des Englischen -s, -ed und -ing gleich mehre grammatische Funktionen haben, verkompliziert die Sache zusãtzlich. Bei dem Satz he was sorting out food rations and chewing gum ist es unmõglich festzulegen, ob die betreffende Person Kaugummi kauend Essensrationen verteilt oder ob er zweierlei Sachen austeilt, nãmlich Essensrationen und Kaugummi.

Semantik

       Semantisch bedingte Probleme sind fũr menschliche Ũbersetzer besonders schwierig. Es gibt zwei Arten von ihnen: (1) das Problem ist nicht ersichtlich, (2) das Problem wird zwar erkannt, doch die Lõsung erfordert eine gute Urteilskraft oder ist gar nicht mõglich.

       Ein Beispiel der ersten Art stellt der Ausdruck malaria therapy dar. Da Malaria ja eine allseits bekannte Krankheit ist und therapy soviel wie "Behandlung" heiſzt, wũrde ein medizinisch nicht geschulter Ũbersetzer wohl annehmen, dass es sich hierbei um eine Art Behandlung von Malaria handelt. Doch das semantische Feld von therapy ist nicht identisch mit dem von "Behandlung", treatment, was man jedem guten Wõrterbuch entnehmen kann (Webster's definirt therapy als »treatment of a disease«). Es wũrde zu lange dauern, hier alle Unterschiede im Einzelnen aufzuzãhlen, Tatsache ist aber, dass malaria therapy nicht eine "Behandlung von Malaria" [kuracado de malario] ist, sondern eine "Behandlung durch Malaria" [permalaria kuracado] ist, also eine Art der Therapie, in der das Malariavirus in den Blutkreislauf injiziert wird, um eine Abwehrreaktion zu bewirken, die eine Krankheit, die aber nicht Malaria ist, zu unterdrũcken.

       In der franzõsischen Fassung von Hammond Innes' Roman Levkas Man, ũbersetzt von Albin Michel, beklagt sich einer der Charaktere ũber les jungles concrètes, in denen eine groſze Anzahl Leute zu leben gezwungen ist. Das ergibt fyr den franzõsischen Leser keinen Sinn. Da einige von Ihnen ja Esperanto verstehen, kann ich dieses Missverstãndnis besser in dieser Sprache verdeutlichen. Jungles concrètes bedeutet konkretaj ĝangaloj. Was der Autor aber mit concrete jungles ausdrũcken wollte, waren "Betondschungel", betonaj ĝangaloj, das heiſzt eine durch hohe Gebãude aus Beton bestimmte Landschaft. In diesem Falle war sich der Ũbersetzer eines semantischen Problems nicht bewusst, nãmlich dass concrete zwei vollkommen unterschiedliche Bedeutungen hat: einmal ein Baumaterial und andernmal das Gegenteil von "abstrakt".

       Ein Beispiel eines semantischen Problems, das eine hohe Sachkenntnis erfordert - und bei all meinen Vorurteilen kann ich mir schwerlich vorstellen, wie ein Computer dies bewãltigen kõnnte - ist das Wort develop. Es hat ein sehr weites semantisches Feld, das sich manchmal als ein riesiger Albtraum fyr den Ũbersetzer entpuppt. Es kann soviel wie "einfyhren", "schaffen", "erstellen", "grynden" bedeuten, wenn es sich auf etwas bezieht, das es vorher noch nicht gab. Es kann auſzerdem "intensiviren", "entwickeln", "beschleunigen" bedeuten im Sinne eines "Vergrõſzerns" und setzt voraus, das die Sache, auf die es sich bezieht, schon vorhanden ist. Zusãtzlich kann es auch "nutzen", "ausbeuten" heiſzen, im Sinne von "Gebrauch von etwas machen, das schon latent oder potentiell da war". In allen Sprachen wird die Ũbersetzung dieses Wortes je nach Bedeutung verschieden ausfallen, das heiſzt, je nach dem, welches bestimmte Segment des Bedeutungsfeldes, das der Autor im Sinn gehabt zu haben scheint. Bei der Ũbersetzung der Wendung to develop such or such an industry muss man also wissen, ob die besagte Industrie bereits in der vom Text behandelten Ort und Zeit bereits existiert oder nicht. In den meisten Fãllen macht der Text hierũber keine genaue Angabe. Nur das beim Ũbersetzer vorhandene Wissen oder seine Fãhigkeit zu recherchieren kann ihn zur richtigen Ũbersetzung fũhren.

       Auch ein einfaches Wort wie more kann Probleme bereiten, da sein Bedeutungsfeld sowohl quantitative als auch qualitative Abstufungen beinhaltet. Was zum Beispiel bedeutet more accurate information? Heiszt es "eine grõſzere Menge an genauer Information" oder "Information mit grõſzerer Genauigkeit"?

       Ein Wort wie tape ist ebenso tũckisch. Bezieht es sich auf Tonaufnahmen,ũybersetzt man es mit "Band" oder "Cassette" (falls man weiſz, welche Art von Aufnahmegerãt benutzt wurde). Bezieht es sich aber auf Klebemateriãl, wie in Scotch tape, muss man es mit "Klebeband" wiedergeben, ein einfaches "Band" wãre hier etwas zu ungenau.

       Oft entsteht ein Problem auch dadurch - ohne dass es sofort auffallen wũrde - , dass ein Wort eine spezielle semantische Bedeutung in dem jeweiligen Bereich besitzt, in dem der Verfasser arbeitet; in diesem Fall bleibt ein zu Grunde liegendes Konzept permanent unangesprochen, da der Verfasser sich ja an Menschen richtet, die sich im selben Bereich auskennen und dieselben kompakten Ausdrũcke benutzen. Bei dem Satz WHO helped control programs in 20 countries kann derjenige, der weiſz, dass im Sprachgebrauch der Weltgesundheitsorganisation control program soviel wie "ein Programm zur Bekãmpfung einer Krankheit und ihre anschlieſzende Unterdrũckung" bedeutet, zu der richtigen Annahme kommen, dass der Verfasser so ewas meinte wie "die WHO gewãhrte ihre Unterstũtzung zur Bekãmpfung einer bestimmten Krankheit in 20 Lãndern". Unerfahrene Ũbersetzer, die dies als "die WHO half, die Programme zu kontrollieren" auffassen, tun dies grammatisch gerechtfertigt, da es im Englischen ja mõglich ist, das Verb to help ohne die Partikel to im beigefũgten Verb zu gebrauchen, zumal, in dieser Art von Sãtzen, nichts darauf hindeutet, ob control ein Nomen oder ein Verb ist.

       Kurz: die meisten Schwierigkeiten, auf die menschliche Ũbersetzer stoſzen, stehen im Verhãltnis der Unterschiede in der Art und Weise, wie die verschiedenen Sprachen die Realitãt in semantische Blõcke unterteilen. Ich benutze das Wort "Block" mit Absicht, denn die Realitãt ist oft kontinuierlich, wohingegen ein abbildender Begriff der Realitãt und somit auch die Sprache diskontinuierlich ist. "Blau" und "gryn" sind das, was ich "semantische Blõcke" nenne, wenn auch in ihnen selbst eine perfekte Kontinuitãt herrscht. In vielen Fællen gibt es fũr den Begriff einer bestimmten Sprache keine Entsprechung in einer anderen, da die verschiedenen Võlker die Kontinuitãt in verschieden groſze Stũcke und an verschiedenen Stellen in Blõcke unterteilen.

       Bei einer Reihe von Fãllen spielt dies kaum eine Rolle. Dass man etwa bei der Ũbertragung des deutschen "schreien" ins Englische zwischen scream, shout, screech, squall, shriek, yell, bawl, roar, call out und so weiter wãhlen muss, schafft in der Praxis normalerweise keine Probleme.

       Doch wie ũbertrãgt man cute in eine andere Sprache? Dieses Konzept existiert in den meisten Sprachen nicht. Auch das franzõsische frileux hat keine Entsprechung im Englischen, so dass ein einfacher franzõsischer Satz wie il est frileux nicht ganz richtig ũbersetzt werden kann. Zumindest kann man immer noch "er fũhlt die Kãlte besonders" oder "er ist sehr kãlteempfindlich" wãhlen, was die Sache nicht recht trifft, aber doch akzeptabel ist. Was am hartnãckigsten wird, ist die Ũbersetzung der Adverbialform: frileusement. Wie ũbersetzt man il ramena frileusement la couverture sur ses genoux? Man ist fast gezwungen, so etwas zu sagen wie "er zog die Decke mit einer zitternden, fyr besonders kãlteempfindliche Menschen typischen Bewegung bis an die Knie". Wer denkt, so etwas betrifft nur literarische Ũbersetzungen, etwas fernab vom eigenen Fach, dem muss ich widersprechen, denn Beschreibungen von Haltungen und Verhalten sind ein wesentlicher Bestandteil medizinischer und psychologischer Fallbeschreibungen, so dass der obige Satz in der Ũbersetzungspraxis keinesfalls ungewõhnlich ist.

       Eine enorme Anzahl von Worten, von denen viele andauernd in normalen Texten vorkommen, bescheren uns ãhnliche Schwierigkeiten. Diese Wõrter sind commodity, consolidation, core, disposal, to duck, emphasis, estate, evidence, feature, flow, forward, format, insight, issue, joint, junior, kit, maintain, matching, predicament, procurement und hunderte andere, die ziemlich leicht zu verstehen sind, aber keine deckungsgleiche Bezeichnung im Franzõsischen [und Deutschen] haben, was bei der Ũbersetzung schnell Kopfschmerzen bereitet. Wõrterbycher helfen hier nicht weiter, weil sie nur ein paar Ũbersetzungen zum Verstãndnis bieten, die selten mit dem jeweils im Text gebrauchten Kontext berũcksichtigen; in den meisten Fãllen stimmt der vorgeschlagene Kontext mit dem des Textes nicht ũberëin.

       Ein weiterer Fall in diesem Punkt sind jene Worte des õffentlichen Lebens. Man kann Swiss Government nicht mit "schweizer Regierung" ũbersetzen, da das englische Wort ein viel breiteres Feld umfasst. (Interessanterweise kann man es, obwohl die Semantik beider Ausdrycke nicht hundertprozentig deckungsgleich ist, auf Esperanto mit svisa registaro wiedergeben, da das Konzept des Esperanto weit genug gefasst ist.) Man mũsste besser "die fõderative Versammlung" oder "die schweizer Konfõderation" sagen, wenn man sich an den genauen Sinn hãlt. Das deutsche "Regierung" bezeichnet das, was im Englischen meist cabinet nennt. Das Englische government ist ũberhaupt eines der frustriendsten Wõrter. Man kann es mit "Staat", "die õffentliche Macht", "Autoritãten", "Regime" und anderem Ãhnlichen wiedergegeben, je nach dem, was der Intention des Verfassers wohl am nãchsten kommt (und man muss im Hinterkopf behalten, dass es auch "Politikwissenschaft" heiszen kann (im Satz she majored in government, das Verb major ist noch so ein Kopfschmerzbereiter, da amerikanische Studiengãnge in ganz anderer Art organisirt sind wie etwa die der deutschsprachigen Lãnder).

       Das Russische dispanserizacija macht ein ãhnliches Problem klar. Es bezeichnet eine ganze Konzeption der õffentlichen Gesundheitsdienste, die keine Entsprechung in westlichen Lãndern hat. Wenn man will, dass der Leser es versteht, ist es nõtig, das Wort mehr zu erklãren als es zu ũbersetzen. Einfach "Dispensarisation" (die lateinische Vorlage) zu schreiben, wãre ja auch zu einfach.

Schlussfolgerung

       Wie Sie sehen ist schon jedes einzelne der Probleme, die ich gerade nannte, schon fũr sich allein Grund, die Aufgaben eines Ũbersetzers enorm zu erschweren. Probleme, die von Zweideutigkeiten, unausgesprochenen, aber implizierten Bedeutungen und Dinge der Semantik, die keine Entsprechung in der Zielsprache haben, erfordern viel Denken, Fachkenntnisse des jeweiligen Bereichs und eine gewisse Menge an Recherche - zum Beispiel, wenn man herausfinden muss, ob eine bestimmte Industrie bereits existiert oder nicht, wenn sie developed wird, oder ob secretary Tan Buting ein Mann oder eine Frau ist, was in vielen Sprachen Auswirkungen auf die Adjektive hat, und nicht zuletzt auch auf die Berufsbezeichung ("Sekretãr" / "Sekretãrin"). Diese Probleme nehmen etwa 80 bis 90 % der Zeit eines professionellen Ũbersetzers in Anspruch. »Ein Ũbersetzer ist im Grunde nichts anderes als ein Detektiv«, pflegte einer meiner spanischen Kollegen bei der WHO zu sagen, und er hat Recht. Ein Ũbersetzer muss viel telefonieren, von einer Bibliothek in die nãchste laufen (und das nicht, um einen technischen Term herauszufinden, sondern vielmehr, wie bestimmte Prozesse ablaufen oder sich ũber Grundsãtze klar zu werden, die unter Spezialisten als gegeben vorausgesetzt werden), und all seine geistigen Fãhigkeiten fũr Schlussfolgerungen gebrauchen. Natũrlich hoffe ich, dass ein Computer eines Tages diese erbarmungswũrdigen Sklaven der Sprache von ihren beinah aussichtslosen Aufgaben erlõsen wird, aber ich muss gestehen, in all meiner Inkompetenz auf diesem Gebiet, dass ich fern davon bin, mir vorstellen zu kõnnen, wie sie dies jemals schaffen sollen.

http://www.derheiligevirgil.de/t_ybersetzungsfehler.php

 










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