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Wir sind / Wir haben geschwommen
Man sollte denken, daß bei "sein" und "haben" alles in guter Ordnung ist. Alle transitiven Zeitwörter, also alle Zeitwörter mit einem Akkusativobjekt, bilden ihr Perfekt mit "haben": Ich habe meinen Freund besucht. Ich habe einen Brief geschrieben. Wir haben Wein getrunken. Auch alle Verben, die mit einem reflexiven (rückbezüglichen) sich,
mich, dich usw. verbunden werden, bilden
das Perfekt mit "haben". Das ist
verständlich, denn oft steht hier nur
die eigenen Person an Stelle einer anderen:
Wie diese "unechten" reflexiven Verben werden auch die "echten" behandelt, also diejenigen, die sich nur auf das Subjekt des Satzes rückbeziehen können: Er hat sich geschämt. Du hast dich geirrt. Wir haben uns gefürchtet, gefreut, gewundert. Wie steht es aber nun mit den Verben, die kein Akkusativobjekt bei sich haben, mit den intransitiven Verben? Hier müssen wir genau unterscheiden. Es gibt Zeitwörter, die ein Geschehen, ein Tun an sich ausdrücken, so wie es abläuft oder andauert. Bei ihnen steht ebenfalls nur "haben": Ich habe geschlafen. Wir haben gefroren. Die Rose hat geblüht. Es hat geschneit, geregnet. Andere Verben aber drücken eine Veränderung aus, den Beginn oder den Abschluß eines Vorgangs, das Erreichen eines Zustandes oder eine Ortsveränderung. Sie bilden alle das Perfekt mit "sein": Die Rose ist aufgeblüht, sie ist verblüht. Der Brief ist gestern angekommen. Sie ist schnell eingeschlafen. Wir sind ins Theater gegangen. In manchen Fällen kann auch beides möglich sein. Dafür ein Beispiel: Wenn die Wäsche auf der Leine hängt und trocknet, so ist das ein Vorgang, der seine Zeit dauert, der aber schließlich doch zu dem erwünschten Zustand führt. Sehe ich auf den Vorgang und seine Dauer, so kann ich sagen: Die Wäsche hat schnell, nur langsam, gut, schlecht getrocknet. Sehe ich aber auf den erreichten Endzustand, dann stelle ich fest: Die Wäsche ist schnell, gut getrocknet. Sie ist erst halb getrocknet. In ähnlicher Weise kann ich beim Gären des Weins den Vorgang als solchen bezeichnen oder den erreichten Endzustand: Der Wein hat lange genug gegoren - Der Wein ist gegoren. Der Vorgang selbst ist jedesmal der gleiche, ob wir nun "haben" oder "sein" sagen. Nur die Art, wie er gesehen wird, ist verschieden. Solche Unterschiede in der Sichtweise drückt die Sprache auch bei den Verben der Bewegung aus. Bewegung ist Ortsveränderung, und darum ist hier das Perfekt mit "sein" das natürliche. Bewegung ist aber auch Aktion, Tätigkeit, und das wirkt sich besonders bei allen Bezeichnungen sportlicher Übungen aus. Dann kommt "haben" ins Spiel. Man vergleiche: Ich bin gegangen, gelaufen, gerannt, gesprungen. Sie sind auf die Felsen geklettert, auf die Berge gestiegen. Er ist früher viel gereist. Sie ist weit gewandert. Mein Vater ist nach Frankfurt gefahren, nach Berlin geflogen. Ich habe jeden Morgen eine Stunde geschwommen. Wir haben viel gesegelt, gerudert. Er hat mehrmals getaucht. Die Kinder haben tüchtig gerodelt. Die zuletzt genannten Sätze könne alle auch mit "sein" gebildet werden (Wir sind geschwommen, gesegelt, gerudert). Sie müssen es, wenn sie eine Raumangabe enthalten (wir sind über den See gerudert, etc.) Bei den Sätzen des ersten Absatzes aber ist nur "sein" möglich. Insbesondere gehen, laufen, steigen, klettern bezeichnen ja Grundformen der menschlichen Vorwärtsbewegung, außerhalb des Sports.
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